9. August 2023 | 19.50 Uhr | Schloß Holte-Stukenbrock

„Der vermessene Mensch“ ist der erste deutsche Kinospielfilm über den lange Zeit verschwiegenen Völkermord im heutigen Namibia und dessen ideologische Grundlagen. Über die Umsetzung wird im Mittwochskino mit Vertreter:innen der Arbeitsgruppe „Bielefeld postkolonial“ (Welthaus Bielefeld e.V.) diskutiert.

Ende des 19. Jahrhunderts, kurz nachdem sich das Deutsche Kaiserreich zur Kolonialmacht erklärt hat, studiert Alexander Hoffmann Ethnologie. Nach dem Vorbild seines verstorbenen Vaters will er die Welt bereisen und indigene Kulturen erforschen. Während in Berlin Menschen aus den Kolonien in sogenannten Völkerschauen vorgeführt werden, vermisst Hoffmann an der Universität die Schädel von Schwarzen, um deren vermeintliche Unterlegenheit zu beweisen.

Die Begegnung mit einer Herero-Gruppe aus der Kolonie Deutsch-Südwestafrika lässt ihn an der rassistischen Lehre seines Professors jedoch zweifeln. Im Jahr 1904 reist er in dessen Auftrag dorthin, um Artefakte und sterbliche Überreste der Herero nach Deutschland zu bringen. Vor Ort gerät er in die Wirren eines Kolonialkrieges, in dessen Verlauf das deutsche Militär einen Genozid an den aufständischen Herero und Nama verübt. Hoffmann wird nicht nur Zeuge, sondern auch Mittäter kolonialer Verbrechen im Namen des Kaisers.

Der vermessene Mensch ist der erste deutsche Kinospielfilm über den lange Zeit verschwiegenen Völkermord im heutigen Namibia und dessen ideologische Grundlagen. Regisseur und Drehbuchautor Lars Kraume hat sich von Uwe Timms Roman Morenga (1978, 1985 von Egon Günther fürs westdeutsche Fernsehen adaptiert) inspirieren lassen, inszeniert aber an zahlreichen Originalschauplätzen einen eigenen Stoff aus der Perspektive eines deutschen Kolonisten in der Dramaturgie eines Abenteuerfilms: Hoffmann überlebt Gefechte, Angriffe von Tieren, wird in der Wüste vor dem Verdursten gerettet; er entfremdet sich von seinen Landsleuten, fasziniert sich für die Herero – und erbeutet Objekte und Knochen von Verstorbenen. Der Film will eine Debatte über die Verantwortung für deutsche Kolonialgeschichte anstoßen.

Regie und Drehbuch: Lars Kraume
Laufzeit: 116 min, deutsch Originalfassung, teilweise untertitelt
FSK: ab 12 Jahren

(Info: kinofenster.de)

Diskussionspartner:innen: „Bielefeld postkolonial“, Welthaus Bielefeld e.V.

Einmal im Monat bietet das Rhythmus Filmtheater SHS e.V. in Kooperation mit der vhs-vhs und der Partnerschaft für Demokratie SHS einen Kinoabend mit Kurzvortrag und Diskussionsmöglichkeit.