Mitnehmen: Einen Koffer voller Ideen aus dem „Letzte Hilfe“-Kurs
Das Sterben und der Tod, das sind zwei Tabuthemen, oft behaftet mit Rat- und Hilflosigkeit. Mechthild Karaoglan und Heike Thelen wollen das ändern. Sie bieten in ihrem Kurs „Letzte Hilfe“ viele handfeste Informationen an, die den Umgang mit Sterbenden und dem Tod erleichtern: Für Sterbende wie Angehörige. Die Auseinandersetzung mit den Wünschen für die eigene Beerdigung gehört genauso dazu wie das Wissen um Lebensqualität spendenden Umgang mit Sterbenden.
Mechthild Karaoglan & Heike Thelen
Karaoglan und Thelen sind als Krankenschwestern beide vom Fach. Mechthild Karaoglan arbeitet in der Geriatrie, Heike Thelen war über 40 Jahre als Krankenschwester auf der Intensivstation tätig. Weil beide Frauen viel Leid gesehen und zugleich viel Unbeholfenheit und Unwissenheit erlebt haben, sind sie bei der gemeinnützigen Gesellschaft „Letzte Hilfe“ aktiv. Diese hat es sich zur Aufgabe gemacht, Wissenswertes über Sterben und Tod zu vermitteln. So wie die erste Hilfe uns dazu befähigt Menschen zu helfen, soll die letzte Hilfe uns dabei unterstützen, Sterbende zu begleiten.
Das primäre Ziel ihres Kurs-Angebotes ist die Linderung von Leid und die bestmögliche Erhaltung der Lebensqualität. „Wir müssen wieder den Mut haben, uns Sterbenden zuzuwenden. Das hilft auch uns selbst, weil wir dabei die Trauer verarbeiten und damit leichter Abschied nehmen können“, hat Thelen selbst erfahren.
In vier Themenblöcke ist der Kurs gegliedert, der insgesamt vier Stunden dauert. Zu Beginn geht es um das Sterben als Teil des Lebens. So sagen in Umfragen über 75 Prozent der Menschen, dass sie am liebsten zuhause sterben möchten. Aber nur 22 Prozent der Menschen ist das vergönnt. Auch, weil Angehörigen oft der Mut fehlt, ihre Liebsten im eigenen Zuhause sterben zu lassen. „Diesen Mut wollen wir spenden“, sagt Karaoglan, „indem wir Wissen vermitteln und vor allem viele ansprechbare Stellen benennen, die unterstützen können. Es gibt in Deutschland und auch in unserer Region ein sehr gutes Netzwerk für Palliativarbeit.“
Das zweite große Thema ist dem Vorsorgen und Entscheiden gewidmet. „Viele Menschen denken, sie müssten für eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht Geld für einen Notar ausgeben. Das stimmt nicht“, weiß Heike Thelen. Viele gute und kostenlose Vordrucke unterschiedlicher Herausgeber bieten sich an. Man sollte sie gesehen haben, prüfen, sich selbst das Passende aussuchen und natürlich ausfüllen. Und zwar solange es einem gut geht. Und eben nicht nur mit und für die alten Eltern oder kranke Verwandte. Denn was viele Menschen zu Lebzeiten nicht bedenken: Wenn Sie selbst nicht den eigenen Willen äußern, sagen wie ihr Leben zu Ende gehen soll, ob sie eine letzte Salbung möchten oder nicht, wie ihre Trauerfeier, ihre Bestattung gestaltet werden soll, dann hinterlässt das bei den Hinterbliebenen in vielen Fällen Streit und im schlimmsten Fall sogar Traumata. Diese sehen sich nämlich mit der Frage konfrontiert, ob ihre Entscheidung auch die des Verstorbenen gewesen wäre. Wenn dazu noch die digitale Nachlassverwaltung nicht geregelt wurde, werden die Probleme nicht geringer. Deshalb finden die Letzthelferinnen: „Selbstbestimmt zu entscheiden, wie man sterben möchte, ist ein Geschenk, das es anzunehmen gilt.“
Was Brausepulver und ätherische Öle mit der Lebensqualität Sterbender zu tun haben, erfahren die Teilnehmenden im dritten Block des Seminars. Hier geht es den beiden Letzthelferinnen um das Lindern des Leids Sterbender. Sie bringen einen ganzen Koffer voller gut und einfach umsetzbarer Ideen für Angehörige oder Freunde mit in den Kurs, dessen Inhalt angeschaut wie angefasst werden kann. Angehörige sollen Sterbenden helfen und sie berühren, für sie da sein, ihnen beistehen. Und wenn sie es möchten, sollen sie ihre Toten auch Zuhause haben dürfen. Wie das geht, wie lange es geht, auch das vermittelt der Letzte-Hilfe-Kurs.
Schlussendlich steht das Abschiednehmen auf der Agenda. „Es kann auf so viele Arten gestaltet werden“, sagt Karaoglan. Mit ihrer Kollegin hat sie viel Material und Adressen gesammelt, welches sie zur Verfügung stellt. Thelen: „Alleine das Sichten der Angebote wird viele Kursteilnehmer überraschen. Schon darüber zu reden und sich auszutauschen, vermittelt einem ein gutes Gefühl. Das soll unser Angebot vorrangig leisten: Sich in Wohlfühlatmosphäre sachlich über ein bewegendes Thema auszutauschen. Und dazu befähigen, wichtige Entscheidungen zu treffen.“
Die Letzte Hilfe ist eine gemeinnützige GmbH mit Sitz in Schleswig und widmet sich seit 2014 mit ihren Aktiven der Wissensvermittlung über Palliative Care, also der Pflege Sterbender. Sie ist anerkannt vom Deutschen Hospiz- und Palliativverband e.V. und der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. In den „Letzte Hilfe“-Kursen geht es um sachliche Informationen und den Austausch über das Sterben und den Tod. Zudem sollen Tabus gebrochen, Ängste reduziert und Sicherheit im Umgang mit Sterbenden und dem Thema Tod gewonnen werden.